Schon seit langer Zeit möchte ich eine Flussreise auf der Donau mit einem Motorboot unternehmen.
Ich habe zu diesem Zweck letztes Jahr in Oberösterreich bei der Motorbootschule Martin Fichtenbauer einen Führerschein gemacht: das Schiffsführerpatent 10 m, inkl. Wasserstraßen.
Ich hatte zwar bereits vor einigen Jahren ein Patent für Motorboot binnen gemacht – leider jedoch in Tirol, und dieses ist auf Wasserstraßen nicht gültig. So habe ich ein weiteres mal die Schulbank gedrückt und mir das sogenannte „Donaupatent“ erarbeitet.
Wir haben uns dann mit Freunden zusammengeschlossen und die Motoryacht Julio bei der Firma Donauyachten in Untermühl an der Donau gebucht – für mich die erste Adresse, wenn es an der Donau um Yachtcharter für mehr-tages-Törns geht.
Nach einer erfolgreichen Anreise und Proviantierung an einem am Weg gelegenen Supermarkt sind wir in der Marina angekommen. Die Einfahrt zum Hafen war gar nicht so leicht zu finden, da die Boote in einem sehr idyllischen Naturhafen liegen. Doch Thomas, der Schiffseigner, hat uns schon beim Eingang sehr freundlich empfangen und uns herzlich willkommen geheißen. Kurz darauf entdeckten wir die Julio, die Motoryacht, auf der wir die nächsten Tage verbringen würden. Zwischen Biber und Hecht gelegen in diesem Naturidyll gehen wir an Bord und machen uns mit dem Boot vertraut. Nach Boarding und Sicherheitseinweisung durch mich an die Crew geht es auch gleich los – die Donau stromabwärts Richtung Aschach, wo wir auf unsere erste Schleuse treffen.
Zuvor haben alle noch ein Boje-über-Bord-Manöver gefahren, da es mir sehr wichtig ist, dass jedes Crewmitglied die Motorbedienung einmal ausprobieren und bei Bedarf das Boot auch manövrieren kann. Ein paar Kilometer weiter treffen wir auf besagte Schleuse. Wir funken den Schleusenwart mit unserem UKW-Funkgerät an, um eine Talschleusung zu erbitten. Sogleich kommt die Antwort über den Lautsprecher, dass die Kammer frei ist und wir einfahren können. Die zuvor geübten Knoten werden von der Crew sehr gekonnt angewendet, um Leinen und Fender zu montieren. Die Ampel springt auf Grün, wir fahren hinein, und machen am nächsten Boller fest. Motor aus, und los geht’s. Kurzer Funk an den Schleusenwart: „Sportboot Julio ist fertig verheftet und schleusenbereit!“ Gespannt schauen wir dem Schleusentor zu, wie es sich langsam schließt, um uns kurz danach nach unten zu schleusen. Meter für Meter geht es talwärts. Wir legen unsere Leine immer wieder nach, während das Wasser weiter sinkt. Nur knapp 15 Minuten später erreichen wir das Niveau des Unterwassers und wir können unsere Reise fortsetzen.
Vorbei geht es an Linz, eine Stadt, die zuerst mit nettem Strandufer, dann mit eindrucksvollen Stadtbauwerken und später mit viel Industrie aufwartet. Die Voest Alpine hat hier die Landschaft deutlich mitgestaltet. Wenig später werden die Ufer wieder grün. Teils bewaldet und meist mit dem Donauradweg begleitet. Noch zwei Schleusen folgen – Ottensheim und Abwinden. Das Ziel für den ersten Tag ist der Motoryachtclub Au a. d. Donau. Wir hatten uns zuvor schon per Telefon angemeldet, um sicher einen Liegeplatz zu bekommen. Unsere Freude ist groß, als wir die Marina Au erreichen. Und auch ein wenig stolz laufen wir an diesem ersten Tag in den Hafen ein, wo uns Monika bereits sehr freundlich erwartet. Angelegt, festgemacht, Feierabend!
Unseren ersten See- nein, Donautag mit 64 Kilometern haben wir erfolgreich hinter uns gebracht und wir sind zufrieden mit diesem Start in dieses Abenteuer. Ein gemütliches Gasthaus ist mit Hilfe von Monika, der guten Seele des MYC Au, schnell gefunden und so können wir uns auch kulinarisch verwöhnen. Später lassen wir den lauen Abend langsam auf unserem Boot ausklingen.
Ein neuer Tag beginnt. Schon am frühen Morgen gehen Alexandra und Bernhard in die örtliche Bäckerei, um frisches Gebäck zu besorgen. Auch wollen sie die Bäckereifachverkäuferin um Seife fragen, an die wir am Vortag nicht gedacht haben. Tatsächlich kann sie auch diesen Wunsch erfüllen. Der Kaffee ist bereits fertig und duftet auf unserem Boot, als die beiden mit den erworbenen Leckereien in die Marina zurückkehren. Die Atmosphäre ist sehr angenehm im MYC Au und die Vereinsmitglieder strahlen eine sympathische Ruhe aus, und sind sehr hilfsbereit in der Beschaffung von Treibstoff.
Das Thema Treibstoff war selbst für mich als Segler schon bekannt und ich weiß auch über den Verbrauch eines Motorbootes Bescheid. Mir war sehr wohl bewusst, dass 350 PS eine Menge Sprit erfordern, wenn man mit schneller Fahrt vorankommen möchte. So tankten wir also ein paar Liter für eine weitere Reise aus Kanistern, die ein Vereinsmitglied gemeinsam mit Bernhard von einer nahe gelegenen Tankstelle herbeischaffte. Da es auf unserer Reise bis Krems keine Tankmöglichkeit mehr gibt, bin ich froh, ein paar Liter mehr im Tank zu wissen. Vielen Dank nochmal an MYC Au und den so sympathischen und hilfsbereiten Mitgliedern für ihre Hilfe!
Nun endlich können wir starten. Der Weg führt uns talwärts Richtung Schleuse Wallsee und weiter bis Grein, wo wir eine Mittagspause eingeplant haben. An dem Anleger Grein DSS Nr. 3 ist Platz für unser Sportboot und nach erfolgtem Anlegemanöver im Strom können wir unsere Leinen festmachen. Jetzt ist es Zeit für ein gemütliches Mittagessen, und im Café Restaurant Schinakel ist ein sehr schöner Platz auf der Terrasse gefunden. Direkt am Wasser gelegen verwöhnt uns eine gute Küche und ein toller Ausblick an unserem Mittagstisch. Zu Ehren der Wirtsleute und als netten Gruß verabschieden wir uns später mit einem Kreis in Gleitfahrt vor dem Restaurant. Die Gastgeber und wir winken einander freundlich zu und wir setzen unsere Fahrt zu Tal weiter fort.
Stromabwärts geht es nun weiter in die Strudenstrecke. Wir wollen noch einmal ein Boje-über-Bord-Manöver trainieren; dieses Mal in voller Gleitfahrt mit Bergen und zu vorigem Aufstoppen und Auskuppeln nach Lehrbuch. Alexandra und Bernhard haben großen Spaß dabei und ich bin sehr zufrieden mit den Manövern. Die Pegelstände erlauben eine Fahrt durch den Hössgang. Dies wurde an der Signalstelle Tiefenbach mit grünen Lichtern angezeigt. Gleich nach der Schleuse Persenbeug treffen wir auf Melk, unsere letzte Schleuse vor der Wachau.
Jetzt geht es gemütlich durch die romantische und berühmte Wachau, die mit Weinbergen, Marillen, Burgen und Schlössern, und viel Natur begeistert. Kurz vor Krems fahren wir in einen Altarm der Donau, in die Herzoglacke ein, um die Nacht vor Anker zu verbringen. In der Bucht ist einiges los, doch sind es nur Tagesgäste, wie sich später herausstellt. Wir lassen unseren Anker fallen und als die letzten Boote verschwinden haben wir diesen wunderschönen Platz und Naturhafen ganz für uns allein.
Der nächste Tag beginnt wieder friedlich, nachdem die letzten nächtlichen Gewitter abgezogen sind, und wir freuen uns auf eine weitere erlebnisreiche Tour. Mit einer schönen, heißen Tasse Kaffee in der Hand beobachten wir Schwäne und Enten, hören den Fröschen zu und lassen diese wunderbare Stimmung auf uns wirken. Pünktlich um 9 Uhr geht der Anker hoch und unsere erste Ansteuerung ist die Tankstelle Krems vor dem MYC Wachau. Diese mobile Tankstelle, die nur zweimal pro Woche für wenige Stunden verfügbar ist, dürfen wir keinesfalls versäumen. Bereits um halb 10 legen wir am Tanksteg an, und kurz darauf kommt der LKW mit seiner mobilen Tankeinheit, um uns mit Benzin zu versorgen.
Jetzt kann die Fahrt weitergehen! Allerdings weiß ich auch, dass wir noch einmal Treibstoff benötigen werden, um wieder zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren zu können. Der ursprüngliche Plan war auf halbem Weg bei Ardagger zu tanken. Hier wollten wir auch in die Marina einlaufen und im Restaurant den Steckerlfisch versuchen. Bei meiner telefonischen Anfrage habe ich jedoch erfahren, dass die Tankstelle seit heuer 2022 nicht mehr in Betrieb ist, und so werden wir den Besuch in dieser Marina und auch dem Restaurant meiden. Tja, das Tankstellennetz am Wasser ist nicht besonders gut ausgebaut. Ein leichtes Hindernis für die Motorboote an der Donau in diesem Streckenabschnitt. Wer vorankommen will, ist meist auf die Betankung von Kanistern abhängig, wie es scheint. Unser Plan B wird uns jedoch ein weiteres Mal zum MYC Au führen. In dieser netten Marina, wo wir bereits bei der Hinfahrt Halt gemacht haben.
Mit vollem Tank geht es jetzt aber stromaufwärts, wieder durch die Wachau, vorbei an Dürnstein und dieser bezaubernden Kulturlandschaft bis Melk, wo sich Alexandra und Bernhard das Stift anschauen wollen. Die großen Anleger sind alle von Kreuzfahrschiffen belegt, doch wir entdecken den Gästesteg Nr. 27, der uns in der Flussmündung der Melk mit einer Tafel freundlich Willkommen heißt. Das Wetter ist richtig sommerlich, angenehm warm und so ist es ein sehr schöner Aufenthalt an diesem Anlieger, während wir auf die beiden warten und der Topf mit Würsteln am Herd langsam köchelt. Die beiden Sightseer berichten uns nach ihrer Rückkehr von ihrer Besichtigung des Stiftes und bringen uns ein paar nette Souvenirs mit; dann genießen wir gemeinsam unsere Würstelparty, die Sonne und die Aussicht mit Blick auf die prunkvolle Anlage von Stift Melk im kleinen Fluss Melk.
Nach erfolgter Mittagspause geht es nun weiter durch all die Schleusen bergauf. Die erste Schleuse Melk stellt uns mit starkem Wind vor eine große Herausforderung, aber mit sicherer Leinenführung und Eindampfen, wie ich es vom Segeln gewohnt bin, war es auch mit einer etwas unerfahrenen Crew möglich, uns sicher durch dieses Manöver zu bringen. Die nächsten Kraftwerke bei Ybbs-Persenbeug und Wallsee passieren wir mit einer schon routinierten Leichtigkeit in den Schleusen zu Berg. Mittlerweile haben wir auch gewusst, wo sich in den Kammern die Schwimmboller befinden, die den Schleusenvorgang für die Crew sehr erleichtern. Fast schon spielerisch wende ich das Boot in den Schleusenkammern, um uns festzumachen oder auch loszulösen. Ich wurde nicht müde, mich bei den Schleusenwärtern freundlich über Funk anzumelden, und mich auch für eine schnelle Schleusung zu bedanken. Wir wurden stets sehr höflich empfangen und meistens mit nur kurzen Wartezeiten geschleust. Wie immer gilt: Wie man in den Wald hineinruft…
Die Fahrt bergauf läuft sehr harmonisch und wir wechseln uns am Steuer ab. So kann auch Bernhard die eine oder andere Strecke in der Gleitfahrt genießen. Sein breites Grinsen lässt darauf schließen, dass es ihm sichtlich viel Freude bereitet. Auch unsere Mädels haben Spaß und feiern es richtig ab, wie Julio über die Wellen reitet. An diesem Tag sind es über 100 km, die wir an der Donau zurücklegen und ich bin froh und zufrieden, als ich die Hafeneinfahrt von Au erkennen kann, und freue mich auf einen schönen Ausklang des Tages, der so wundervoll begonnen hat und verlaufen ist.
Schon fast selbstverständlich laufen wir in der Marina ein und werden wieder von Monika, und heute sogar vom Präsidenten des MYC Au sehr herzlich empfangen. Angelegt, festgemacht, und wie es eine gute alte Tradition verlangt: ein Anlegerbier mit versammelter Mannschaft!
Unser letzter Tag bricht an, und wie an den Tagen zuvor genießen wir eine Tasse Kaffee in dieser idyllischen und ruhigen Atmosphäre. Monika konnte uns etwas Benzin organisieren und so heißt es einfach noch warten auf die Betankung mit Kanistern, damit wir unsere Fahrt bis nach Schlögen fortsetzen können. Langsam erwacht das Leben in der Marina. So sieht man vereinzelt Persennings hochgehen, Yachtis die Fenster, ja, und auch Zähne putzen, im Vereinslokal wird fachgesimpelt und Kaffee getrunken während Monika in der Küche schon mal das Mittagessen vorbereitet.
Als das Fahrzeug mit dem in Kanistern gefülltem flüssigen Gold ankommt, herrscht reges Treiben. Schnell wird das kostbare Gut unter den Booten aufgeteilt und wir bekommen drei Kanister Benzin, um unsere Julio zu betanken. Jetzt können wir uns sicher sein, die nächste Tankstelle zu erreichen, und werden unsere Fahrt in Ruhe fortsetzen.
Nachdem wir unsere Arbeiten abgeschlossen haben und unser Boot zum Ablegen vorbereitet ist, verabschiede ich mich von Monika und allen Anwesenden, und ich bedanke mich ein weiteres Mal für die Hilfsbereitschaft und die schöne Zeit, die wir hier verbringen durften.
Jetzt geht es wieder hoch gegen den Strom in Richtung Abwinden und Ottensheim. Vorbei an Linz mit seinen Häfen und Bauwerken. Ja, und auch die Motorbootschule von Martin Fichtenbauer ist an diesem Tag unterwegs. Wir beobachten im Vorbeifahren gespannt wie Rettungsringe über Bord gehen um sogleich auch wieder geborgen zu werden. Wir hören am UKW Kanal 20 der Schleuse Ottensheim, wie die Boote der Schule um eine Schleusung anfragen und ich erinnere mich mit einem Lächeln zurück an die Zeit meiner Ausbildung.
„Ein gutes Gefühl“, denke ich, "nun selbst Skipper auf einer Donau Yacht zu sein!" Und ganz ohne Überheblichkeit genieße ich es, die Freiheit auf einen der größten Flüsse Europas zu skippern.
Nach einer kurzen Mittagspause vor Anker geht es auch noch nach Aschach, die letzte Schleuse unserer Reise. An Untermühl vorbei sausen wir nach Schlögen, wo die Tankstelle bereits auf uns wartet. Angelegt, vollgetankt, und wieder retour durch die Donauschlinge geht es nun wieder zurück in unseren Heimathafen. Thomas empfängt uns wieder in seiner bekannten Freundlichkeit und heißt uns ein weiteres Mal in seinem Hafen willkommen. Wir legen an, machen fest, und genießen den letzten Abend nach einem sehr erlebnisreichen und erfolgreichen Törn auf der Donau.
Törndaten zusammengefasst:
· Motoryacht „Julio“ Quicksilver 350 PS von Donau-Yachten
· 4 Tage im Mai 2022
· 18 Motorstunden
· Durchschnittlicher Verbrauch: 1,8 l/km
· Verbrauch gesamt: 683 l
· Strecke Schlögen – Krems und retour: ca. 380 km
· Crew: MacLeschingers und die Martinis
· Schleusen: 6 (jeweils in beide Richtungen)
· 4 Leinen
· 8 Fender
· Verwendete Knoten: 3 Stk. (Palstek, Webeleinenstek, Klampenschlag)
· Proviantierung: 4 Paar Frankfurter, 3 Debreziner und manches mehr… (keine Dosenravioli)
· Eine tolle Übersicht der Schleusen und alle Infos findet ihr hier: Die HP von Doris war super hilfreich und gibt es auch als App für das Smartphone (https://www.doris.bmk.gv.at/services/schleusen-an-der-donau)
Vielen Dank für euer Interesse an meinem Blog! Wenn ihr Fragen zum Revier habt, oder Interesse an einem Törn, sendet mir einfach eine Nachricht.
Schöne Grüße und Handbreit
Euer Martin
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