An diesem Dienstag starte ich schon früh in den Tag. Ich wache noch vor dem Wecker, den ich mir für sechs Uhr gestellt habe auf und spüre eine leichte Brise durch die geöffnete Luke meiner Schlafkoje. Heute werden wir Wind haben!

Das Boot ist soweit vorbereitet, jetzt noch schnell einen Kaffee, alles verstauen und gleich danach „Anker auf“. Ich starte den Motor um die Batterien nicht zu sehr mit der Ankerwinsch zu belasten.
Die Kette knattert Meter für Meter aus dem Wasser um in den Ankerkasten zu verschwinden.
Der Anker löst sich problemlos aus dem weichen Sand und meine Reise kann weiter gehen.
Das Großsegel ist schnell gesetzt und schon nach wenigen Seemeilen bin ich aus der Abdeckung der Insel, um richtig gut Fahrt aufzunehmen. Der Kurs geht Richtung West, um das süd-westliche Kap von Othoni herum und danach weiter mit Kurs Nord-West über den Kanal von Otranto nach Italien. Die ersten Schaumkronen erscheinen am Wasser, die Segel sind voll gesetzt und Valentina gleitet mit fünf Knoten durchs Wasser. Da lacht das Seglerherz. 😊
Vor mir ist nur Wasser zu sehen und hinter mir beginnt die Insel Korfu zu verschwinden.

Langsam ist auch Othoni nicht mehr zu erkennen und seit langem fühle ich mich wieder so richtig frei und mit den Elementen umgeben. Es geht gut dahin. Tausend Meter Wasser unter mir. Die Sonne scheint und Valentina gleitet mit einer angenehmen Krängung durch die ionische See. Durch die ruhige Schaukelbewegung gestaltet sich die Fahrt sehr angenehm. Die heutige Reise geht bis Otranto, um morgen weiter zu segeln bis Brindisi.
Eine gute Segelfreundin, Alexandra, hat sich bei mir gemeldet: “Martin wo ist der nächste Flughafen, ich buche mich bei dir ein und möchte den Törn bis Triest mit dabei sein!“
Wow, dachte ich! Das wars dann wohl mit meiner Einhandsegelei. Doch freute ich mich über ihre Nachricht, denn es hat viele Vorteile nicht allein unterwegs zu sein und ich genieße natürlich auch die Gesellschaft einer Crew. Mit Alex habe ich bereits viele Seemeilen und Stunden an Bord verbracht. Trainingstörns, Urlaubstörns, auch in den unterschiedlichsten Revieren, wie Adria, Mittelmeer, oder auch Atlantik auf den Kanaren. Unsere gemeinsame Zeit verlief stets unter einer angenehmen Harmonie. Ich freue mich auf Alex und schätze sie als kompetente Crew.

Bereits am Vormittag frischt der Wind langsam auf. Bis fünf Bft ist die Prognose. Vier sind es bereits und die See nimmt ebenfalls zu. Alle Zeichen auf Wind, denke ich. Es ist 09:00 Uhr und der Autopilot übernimmt das Ruder, damit ich mich unter Deck begeben kann. Ich setze mich an den Navitisch und schreibe einen Logbucheintrag. Der Blick auf die Karte zeigt, dass ich noch etwas mehr Höhe brauche, aber das kann ja noch werden. Verträumt beobachte ich durch das Fenster, wie das Wasser an der Leeseite vorbeizieht. Es rauscht am Schiff entlang und der Teekessel schaukelt ganz munter auf dem kardanisch aufgehängten Ofen.
Das macht er ganz gut, der Autopilot, denke ich und genieße das Ambiente unter Deck. Die Segelyacht ist mit schönem Holz verkleidet. Mit jeder Bewegung vernimmt man ein leises Knarren, manchmal auch ein Knauzen und es hat etwas Heimeliges und Sanftes unter Deck, während oben ein Wind von 20 Knoten, bei nun etwa ein bis zwei Meter Welle, steht.
„Wenns läuft dann läufts!“, denke ich und genieße die Fahrt.
Noch etwa vierzig Seemeilen liegen vor mir bis Italien. Wind, Wasser und Valentina, was willst du Seglerherz mehr?
Der Computer berechnet die ETA, also die Ankunftszeit auf etwa 17:00 h, in ca. acht Stunden. Ja dann ans Steuer Seemann sage ich zu mir selbst und bestätige mit einem lauten und deutlichen: „Aye aye!“ und begebe mich an meinem Arbeitsplatz.
Auf halber Strecke wird es Zeit die Flaggen zu wechseln. Die griechische Gastlandflagge wird gegen die Italienische ausgetauscht. Ab jetzt ist die Tricolore an der Steuerbordseite.
Nach weiteren Schlägen am Aufkreuzen befinde ich mich am Nachmittag in der Ansteuerung nach Otranto.

Als Ziel habe ich mir eine kleine Bucht nördlich der Stadt als sicheren Ankerplatz gewählt. Um kurz nach 19:00 Uhr fällt der Anker und Feierabend! War ein anstrengender Seetag heute, aber die Zufriedenheit überwiegt und eine angenehme Müdigkeit begleitet mich mit Blick auf den Sonnenuntergang.
Ich verbringe eine ruhige Nacht und gehe bereits früh zu Bett um morgen wieder fit zu sein.
Am Donnerstag führt mich der weitere Kurs bis nach Brindisi. Dort wird es dann einen Hafentag geben, um wieder neu zu proviantieren und wieder einmal auszuschlafen. Ich erwarte dann auch Alexandra, die in Brindisi an Bord kommen wird.
Ich bin schon mal gespannt, wie die Reise weiter geht. Die Windprognosen zeigen bis zu sechs Beaufort und dementsprechend Welle für unsere Überfahrt nach Kroatien.
Könnte spannend werden. …und ja, das eine steht doch wie immer fest:
Ich freue mich auf ein neues Abenteuer!
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