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  • AutorenbildSkipper Martin

18. Am richtigen Kurs (meistens)


Siebte Nachricht, empfangen über Satellit am 28. Mai, um 1300UTC:


Kurs Richtung Azoren liegt an! Nach Flaute folgt Wind – manchmal richtig Wind! Manchmal auch aus der gewünschten Richtung, und dann wieder gegenan. Genau dieser Gegenanwind beschäftigt uns seit Stunden und Tagen. Wir sind hart am Wind auf einem Kurs, der uns nur noch sehr langsam unserem Ziel näherbringt. Dazu kommt eine große Abdrift, und mit stark gerefften Segeln können wir auch keine vernünftige Höhe mehr fahren.


Unser Katamaran hat sich wieder mal in einen Springbock verwandelt und wir galoppieren mit knapp 8 Knoten durch die Nacht. Seit einiger Zeit sind wir viel südlicher als gewollt unterwegs und ich analysiere Wetterdaten, um mir eine geeignete Taktik und zeitlich abgestimmte Manöver zu überlegen. Der Forecast zeigt, dass sich die Windrichtung zu unseren Gunsten verändern wird. Es wird jedoch noch einige Zeit vergehen, bis wir wieder an Höhe gewinnen können.


Knapp 500 Seemeilen sind es noch bis Horta, und gestern Abend haben wir die Halbzeit unserer Reise gefeiert.



Zu diesem Anlass haben wir eine Flaschenpost vorbereitet, die wir mitten im Atlantik auf die Reise schickten. Fritz, der diese Aufgabe gerne übernommen hat, verabschiedete unsere Sendung mit einer kleinen Ansprache und einem weiten Wurf Richtung Ozean. Ich bin gespannt, ob wir jemals eine Antwort bekommen werden.


Unser Bordleben gestaltet sich weiterhin sehr angenehm und strukturiert, die Crew ist motiviert und engagiert. Es gibt viele Handgriffe zu erledigen und alle bringen sich tatkräftig in das Geschehen an Bord ein. Jeder am Schiff hat Aufgaben zu erledigen und Dienste nach Wachplan wahrzunehmen.


Ich werde so einen Tag auf See mal kurz skizzieren.


Ein ganz normaler Bordtag beginnt… hmm, wann beginnt der eigentlich? Ich würde sagen, er beginnt um Mitternacht, genau um 0000UTC. Das erste Team übernimmt die Wache bis 0300UTC. Alle drei Stunden ist ein Wechsel der Teams und so ergibt sich ein Schlafrhythmus von ca. sechs Stunden, danach drei Stunden Dienst und wieder frei – und das 24/7. Die Freizeit wird genutzt mit kochen, Wäsche waschen, auch mal lesen, oder einfach nur entspannen, um sich für die nächste Wache vorzubereiten.


Um 1700UTC haben wir eine gemeinsame Stunde zum Abendessen und uns auszutauschen. Hier wird die Route besprochen und der weitere Kursverlauf. Das ist auch die Zeit, um Manöverkritik zu üben und um sich auszusprechen. Der nächste Wachwechsel ist dann um 1800UTC.


So reiht sich ein Tag an den anderen, und eine Schicht an die nächste. Für Langeweile bleibt kaum Zeit.


Wir freuen uns schon auf die Azoren, die wir in den nächsten vier bis fünf Tagen erreichen werden. Die Mehrheit der Mannschaft freut sich besonders auf ein kühles Glas Bier im Café Peter Sport. Viele von uns schauen voraus auf eine ausgiebige Dusche.


Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich in dem Moment empfinden werde, wenn wir zum ersten Mal wieder Land sehen. Viel zu gerne bin ich auf See, und ich genieße das Gefühl, nur von Wasser umgeben zu sein.

So schwingt ein wenig Wehmut mit, bei dem Gedanken, nach drei Wochen wieder an Land und in die Zivilisation zurückzukehren, und auch dass der erste Teil unserer Reise langsam zu Ende geht.

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